Malala - Ihr Recht auf Bildung

Dokumentarfilm | USA 2015 | 87 Minuten

Regie: Davis Guggenheim

Dokumentarfilm über die 1997 geborene pakistanische Kinderrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai, die schon als Jugendliche gegen das Regime der Taliban aufbegehrte und 2012 bei einem Attentat schwer verletzt wurde. Der formal ambitionierte Film charakterisiert seine Protagonistin ebenso als Teenager wie als öffentliche Persönlichkeit, zeigt sie in ihrem familiären Umfeld, begleitet sie auf ihren Reisen und gibt ihrer persönlichen Sicht auf den Kampf für die Bildung von Mädchen Raum. Auf Dauer fehlen der heroisierenden Darstellung allerdings Tiefe, Ecken und Kanten. - Ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
HE NAMED ME MALALA
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Imagenation/Participant Media
Regie
Davis Guggenheim
Buch
Davis Guggenheim
Kamera
Erich Roland
Musik
Thomas Newman
Schnitt
Greg Finton · Brad Fuller · Brian Johnson
Länge
87 Minuten
Kinostart
22.10.2015
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Ambitionierter, etwas sehr heroisierender Dokumentarfilm über die Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai

Diskussion
In einer Animationssequenz klettert eine junge Frau beherzt auf einen Berg. Vom tradierten Ort der Offenbarung aus erhebt sie mächtig ihre Stimme, um eine große Schar kopflos stürmender afghanischer Kämpfer wieder zu mobilisieren. Siegreich führt sie diese dann in die Schlacht gegen den britischen Feind, obwohl sie dabei ihr Leben lassen muss. Von Anfang an zieht der Film einen Vergleich, stellt eine Analogie her zwischen der afghanischen Nationalheldin Malalai von Maiwand aus dem 19. Jahrhundert und seiner Protagonistin. So schreibt er das Leben der jetzt 18-jährigen Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai in eine Heroengeschichte ein und lädt sie heilsgeschichtlich auf. Der Vater hat seine Tochter nach der Nationalheldin benannt. Damit hat er ihr auch einen Auftrag mitgegeben. Der Kampf der Moderne wird allerdings mit dem „Stift“ geführt. Und so stellt sich Malala mutig den Taliban entgegen, die damals ihre Heimat, das Swat-Tal in Pakistan, besetzt hielten, Mädchen Bildung verwehrten und deren Schulen wegsprengten. Ihr bedingungsloses Pochen auf das Recht auf Bildung verhallt nicht folgenlos. Am 9. Oktober 2012 wird das Mädchen bei einem Attentat schwer verwundet und muss in ein Krankenhaus nach England ausgeflogen werden. Wie die unscharfen Aufnahmen in Zeitlupe zeigen, beschatten die schemenhaften Erinnerungen an dieses schreckliche Ereignis bis heute ihr Leben. Jetzt lebt sie mit ihren Angehörigen in Birmingham, wo sie zum Zeitpunkt des Films auch zur Schule geht. Davis Guggenheim hat mit Malala und ihrer Familie 18 Monate verbracht. Mit den Familienmitgliedern führte er Interviews, befragte sie zu ihrem Leben damals und heute. Malala zeigt er im vertrauten Beisammensein mit ihrer Familie, er zeichnet sie als normales Mädchen wie als öffentliche Persönlichkeit. Guggenheim reißt an, dass es ihr eher schwerfällt, sich mit der westlichen Teenagerkultur mit all ihren Liebesturbulenzen anzufreunden. Und er begleitet sie auf ihren Reisen, etwa nach Jordanien und Kenia, wo sie sich für die Rechte der Kinder einsetzt. Malalas Auseinandersetzung mit den Taliban dokumentiert der Film mit Fotos und zeitgenössischen Filmdokumenten. Offenkundig wiegt in den persönlichen Erinnerungen des Mädchens der Verlust ihrer Heimat schwer. Diese „subjektiven“ Erzählungen, die für den Regisseur „wie aus einem Märchenbuch“ klangen, hat der Film in Animationsszenen eingefangen. Es sind Bilder der Sehnsucht, welche die Kindheit in diesem malerischen Tal in warmen, leuchtenden Farben zart malen. Sichtbar lastet auf der jüngsten Friedensnobelpreisträgerin ein hoher moralischer Anspruch. In diesen makellosen Kokon spinnt sie der Film noch fester ein. Malala ist eine äußerst sympathische Person, die ihre Aufgabe ernsthaft und engagiert betreibt. Mal ist sie einfach nur eine wissbegierige Jugendliche, die sich noch auf kindliche Späße versteht und gerne lacht, mal bewegt sie sich routiniert durch den öffentlichen Raum und wirbt überzeugend für ihr Anliegen. Keiner hierzulande wird sich dem Anliegen des Filmes verschließen können. Bildung ist ein hohes Gut. Und dem Argument, dass man sie gerade den pakistanischen Frauen angedeihen lassen muss, da sie als Erzieherinnen der nächsten Generation einen Wandel im Bewusstsein herbeiführen können, lässt sich uneingeschränkt folgen. Doch unwillkürlich fragt sich der Zuschauer: Was ist es, das Bildung so erstrebenswert macht? Was macht sie für die Protagonistin zu einem so existenziellen Gut, dass sie dafür sogar ihr Leben aufs Spiel setzt, dass sie es trotz Angst vor grausamer Behandlung den Taliban öffentlich abverlangte? Was gibt Bildung dem Mädchen? Und woraus besteht sie? In ihrem Buch „Ich bin Malala“, von dem der Film „inspiriert“ ist, fragt sich Malala einmal, als sie ihren Brüdern dabei zusieht, wie sie vom Dach ihres Hauses aus Drachen steigen lassen, „wie frei eine Tochter wohl jemals sein könnte“. Sie reflektiert dort kritisch die auch destruktiven, einengenden Züge des traditionellen Ehren- und Verhaltenskodexes der Paschtunen, nennt wichtige Vorbilder und Bücher und zeichnet ein durchaus komplexes Bild der politischen Situation in Pakistan. Da hätte man sich auch von diesem Film gerne tiefergehende Einsichten gewünscht.
Kommentar verfassen

Kommentieren