Anfang der 1950er-Jahre wanderten mehrere hundert Frauen aus Deutschland nach Island aus, um als Landarbeiterinnen und künftige Bäuerinnen eine neue Existenz aufzubauen. Sechs von ihnen blicken im hohen Alter auf ihre Erlebnisse und Erfahrungen zurück, die durchaus unterschiedlich ausgefallen sind. Ein stiller, ruhiger Dokumentarfilm, der in einfühlsamen Interviews die Schicksale der Frauen auslotet und sie mit imposanten Landschaftsbildern unterlegt.
- Ab 14.
Eisheimat
Dokumentarfilm | Deutschland 2012 | 88 Minuten
Regie: Heike Fink
Kommentieren
Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2012
- Produktionsfirma
- thevissenfilm
- Regie
- Heike Fink
- Buch
- Heike Fink
- Kamera
- Birgit Gudjonsdottir · Marcel Reategui
- Musik
- Julia Klomfass
- Schnitt
- Galip Iyitanir
- Länge
- 88 Minuten
- Kinostart
- 05.12.2013
- Fsk
- ab 0; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | JustWatch
Diskussion
Bei Fußball-Länderspielen zwischen Deutschland und Island halte sie immer zu den Deutschen, sagt die betagte Isländerin in akzentfreiem Deutsch. Vor mehr als 60 Jahren ist sie und andere aus Deutschland auf die Insel gekommen. 1949 gab der isländische Bauernverband in einer Lübecker Zeitung eine Anzeige auf, wonach auf dem Eiland dringend Arbeitskräfte für die Landarbeit gesucht würden. Nur wenige Männer, aber 238 junge Frauen folgten dem Aufruf und bestiegen in Hamburg einen Frachter Richtung Island. Ein Land, von dem die kaum mehr als die ungefähre Lage kannten. Mehr als ein halbes Jahrhundert später erzählen sechs dieser Frauen in diesem sehenswerten Dokumentarfilm von Heike Fink, wie es ihnen in den Jahrzehnten seit ihrer Ausreise ergangen ist. Es sind teils sehr bewegende Geschichten von enttäuschten Hoffnungen, von Ausbeutung und Heimweh, Sprachproblemen und schwierigen Beziehungen, aber auch dem trotzigen Entschluss, auf keinen Fall als „Gescheiterte“ wieder nach Deutschland zurückzukehren. Die Protagonistinnen haben auf der Insel vielleicht nicht das große Glück gefunden, aber mit ihrem Leben fernab von Deutschland im Laufe der Jahre doch ihren Frieden gemacht. Wobei ihre Einschätzungen, ob sie sich nun als Isländerinnen oder als Deutsche fühlen, durchaus geteilt sind.
Zumeist sitzen die Seniorinnen bei ihren Erzählungen allein in ihren (altdeutsch eingerichteten) Wohnstuben, nur hin und wieder sieht man einige von ihnen durch die Landschaft spazieren, wo sie etwa einen Bauerhof zeigen, auf dem sie nach ihrer Ankunft auf der Insel ihre erste Arbeitsstelle fanden. Wie überhaupt Bilder der imposanten Natur der Vulkaninsel mit ihrer Flora und Fauna, mit stimmiger Musik unterlegt, in Stillleben zwischen die Gespräche montiert, für grandiose Schauwerte sorgen. Doch das Salz in der Suppe sind eindeutig die Seniorinnen, die im Laufe des Films mehr und mehr in der Gemeinschaft ihrer Familien, Kinder und Enkelkinder in Erscheinung treten. Offenbar sind sie trotz ihrer teils traumatischen Anfangserfahrungen irgendwann doch auf Island angekommen. Eine diffuse Sehnsucht nach Deutschland ist dennoch geblieben. Vermisst die eine ihre „schlesische Heimat“, hegt eine andere eine Stoffpuppe, die sie bei ihrer Abreise in Hamburg gekauft hat oder verwahrt die Dritte eine Plastiktüte mit Erde aus Deutschland in ihrem Kleiderschrank, die sie einst mit ins Grab nehmen möchte.
Kommentar verfassen