In den letzten Jahren wird der Kultursektor regelrecht überschwemmt mit Themen, die um alte Menschen kreisen, richtige Alte, keine auf rüstig getrimmten Werbebroschüren-Senioren. Interessanterweise ist das neben dem Terrorismus und dem Cyberspace das dritte große Thema des neuen Jahrtausends. Das hat natürlich damit zu tun, dass dieser Bevölkerungsanteil in den Industriestaaten dramatisch wächst; dass Alzheimer, Parkinson und Diabetes zum Massenphänomen werden und Rollstuhlfahrer rapide zunehmen.
Auch der Bestseller von Jonas Jonasson, nach dem dieser Film gedreht ist, nimmt sich des Themas an. Zweifelsohne ist es eine der komischen Varianten und kann ohne allzu quälende Erinnerung an die eigenen Eltern im Pflegeheim auch in der Badewanne gelesen werden. Aber selbst die komischen Varianten leben vom Schuldgefühl über die Kasernierung von Menschen, die sicher lieber kindischen Blödsinn machen würden statt mit pädagogischem Blödsinn traktiert zu werden. Konkret: die lieber mal Geschirr zerschlagen wie Laurel und Hardy statt brav aufzuessen.
Der Film von Felix Herngren beginnt im Altersheim. Robert Gustafsson, ein schwedischer Komikerstar, spielt den Hundertjährigen, der an seinem Geburtstag aus dem Fenster steigt, weil ihn Jungs mit ihren Knallfröschen neugierig machen. Er entflieht damit einer ätzenden Geburtstagsfeier, nimmt den nächsten Bus und auch gleich einen Koffer, den ihm ein Rocker kurz zum Halten gegeben hat. Natürlich sind in dem Koffer Geldscheine, und bald wird er von einer ganzen Rockerbande gejagt.
Zwischendrin gibt es immer wieder assoziative Rückblenden in die Lebensgeschichte des Alten, eine abenteuerliche Mischung aus „Zelig“
(fd 24 217), „Forrest Gump“
(fd 30 995) oder auch „Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“
(fd 42 128). Durchaus liebevoll und mit erstaunlichem Aufwand für eine schwedisch-europäische Co-Produktion werden vergangene Jahrzehnte visuell zum Leben erweckt. Aber leider kann sich Felix Herngren als Komödienregisseur nicht mit Woody Allen, Robert Zemeckis oder Ben Stiller messen. Seine Adaption ist ein guter Schmunzelfilm, aber Lacher erntet er eher selten.
Herngren muss sich mit einer reizvollen, aber auch ziemlich komplexen Konstruktion herumschlagen. Der Stoff arbeitet mit drei parallel geführten Running Gags. Alle wichtigen Dinge in dieser fiktiven Lebensgeschichte sind um die Leidenschaft für Sprengstoff gruppiert. So werden alle Schurken, die hinter dem Geld her sind, en passant und auf groteske Weise eliminiert. Ein Kriminalkommissar kommt allen Stationen der Flucht des Alten der Reihe nach auf die Spur, interpretiert sie aber falsch. Am Ende ist er es jedoch, der der Geschichte zum Happy End verhilft und den glücklichen Alten einen glücklichen Alten sein lässt.
Bis dahin hat der Film ein derartiges Füllhorn an skurrilen Übertreibungen und Figuren ausgeleert, wie man es aus dem als eher bodenständig geltenden Schweden nicht unbedingt erwartet hätte. Andererseits: Auch Astrid Lindgren stammte aus Schweden und prägte die Kindheit ihrer Landsleute mit ihren Geschichten. Und dieser Film ist gewissermaßen Pippi Langstrumpf fürs Altersheim.