Diese Frau muss man nicht mögen: Die elegant gekleidete Elizabeth Sloane ist selbstsicher und arrogant, so skrupel- wie rücksichtslos, wortgewandt und fordernd. Ihr blasses Gesicht wird von schulterlangem rotem Haar gerahmt, überstrahlt nur vom leuchtend roten Lippenstift. Die Lobbyistin arbeitet in Washington für die alteingesessene Kanzlei George Dupont. Dabei geht sie mit fast schon beängstigender Präzision vor. Sie kennt alle Tricks und duldet keine Schwäche, benutzt Menschen und lässt sie en passant fallen. Sie ist ein furchteinflößendes Monster: Nur der Erfolg zählt.
Für die mächtige „National Rifle Association“ (NRA) ist sie der Rettungsanker, um ein unvorteilhaftes Waffenkontrollgesetz zu verhindern. Doch von einem Tag auf den anderen kündigt die Juristin und heuert mit fast ihrem gesamten Team bei der Firma von Rodolfo Vittorio Schmidt an – einer Kanzlei, die eben jenes Waffengesetz durchsetzen soll. Mit einem Mal entspinnt sich ein raffiniertes Schachspiel zwischen den Befürwortern der Waffenkontrolle und den Unterstützern der NRA, bei dem jedem Zug größte Bedeutung zukommt. Sloanes Schutzpanzer, der zunächst so unerbittlich schien, beginnt zu bröckeln. Diese Wendung ahnt man bereits, weil der Film durch eine in der Gegenwart angesiedelte Rahmenhandlung strukturiert wird, in der die Anwältin bei einer Anhörung zu ihren Berufspraktiken befragt wird. Hat sie ihren Gegner eventuell mit unerlaubten Überwachungsapparaten ausspioniert?
Doch dies ist kein Film, der einfache Antworten oder vorhersehbare Lösungen anbietet. Während die politische Einflussnahme hinter den Kulissen Washingtons im Kino eher selten stattfindet (einmal abgesehen von „Thank You For Smoking“, fd 37 718) und Fernsehserien wie „West Wing“, „House of Cards“ oder „The Wire“ da wesentlich weiter sind, skizziert John Maddens Drama mit Wucht und Verve jene von Männern beherrschte Welt, in der es primär darum geht, den Gegner auszuschalten, der Bessere, Kompetentere, Erfolgreichere zu sein. Dass in diese abgeschlossene Welt eine Frau einbricht, die den Männern haushoch überlegen ist, fügt dem Film eine weitere Dimension hinzu. „You must know your stuff!“, bleut „Miss Sloane“ (so der Originaltitel) ihren Mitarbeitern ein, was die Wichtigkeit fundierter Sachkenntnis unterstreicht.
Die Inszenierung thematisiert gar nicht so sehr das Für und Wider von Waffenbesitz, zumal der Film hierzu in einer Nebenhandlung eine ambivalente Haltung einnimmt, in der Sloanes’ schwarze Assistentin fast ein Opfer von Waffengewalt wird. Im Kern geht es vielmehr um Macht und ihren Missbrauch, um Geld und Beziehungen. Das klug aufgebaute Drehbuch konzentriert sich auf die Charaktere, die in einer Mischung aus Intelligenz und Getriebenheit rücksichtslos ihre Ziele verfolgen, ebenso auf die politische Dynamik, die nie still zu stehen scheint. Wie in einem Hochdruckkessel nehmen die Ereignisse immer dramatischere Formen an. Das Gesetz zur Waffenkontrolle wird so zum endlosen Tauziehen, in dem sich Politiker mit auf den Punkt geschriebenen Dialogen verführen lassen und die Einflussnehmer jegliche Grenze überschreiten.
In der Rahmenhandlung folgt der Film den Konventionen eines Justizdramas, mit einigen Tricks und Wendungen, die eher der Fantasie des Autors entsprungen sind als dass sie wirklich beschreiben, wie es hinter geschlossenen Türen in Washington zugeht. Jessica Chastain erscheint als Elizabeth Sloane denn auch als der Realität enthobene Kunstfigur, ist ein wenig zu perfekt mit ihren vorausschauenden Winkelzügen, ein wenig zu skrupellos mit ihren Methoden. Im Lobbyismus heiligt der Zweck die Mittel, und diese Philosophie macht sich Sloane uneingeschränkt zu eigen. Am Schluss hat sie noch einen Trumpf in der Tasche. Doch der Preis, den sie dafür bezahlt, ist hoch.