Anna als ein aufgewecktes Kind zu beschreiben, wäre eine glatte Untertreibung. Die Zehnjährige ist ein Sonnenschein und die Gutherzigkeit in Person. Doch irgendetwas trübt die Idylle auf der Beams-Farm im beschaulichen Burleson, Texas. Anna war zwar schon immer ein wenig eigen, wenn es um die Nahrungsaufnahme ging. Doch auf die Lieblingspizza mit Käse verzichten, nur weil sie die nicht vertragen kann? Die unmenschlichen Krämpfe aber, die sie unvermittelt auch die Nächte durchschreien lassen, müssen endlich ein Ende haben. Die Ärzte diagnostizieren eine allergische Lebensmittel-Intoleranz, ansonsten aber sei Anna ein gesundes Kind. Aus Familiensolidarität gibt es fortan überhaupt keine Pizza mehr.
Mutter Christy will sich von den arrogant-ignorant erscheinenden Provinzärzten nicht abspeisen lassen. Die Diagnose des ersten Facharztes sorgt für Erschütterung: Anna sei dem Tode geweiht, da ihr Körper jegliche Nahrung verweigert. Intestinale Pseudoobstruktion nennt sich der seltene Defekt, der nicht heilbar ist und dessen letale Folgen durch künstliche Ernährung nur temporär hinausgezögert werden können. Kann das sein? Darf das sein? Was hat das Kind verbrochen, um dermaßen bestraft zu werden? Wie kann Gott so etwas zulassen, fragt sich die treue Christin Christy. Auch der örtliche Pfarrer, der die Gemeinde und mit ihr die Beams mit seinen (musikalischen) Predigten mitzureißen weiß, kennt keine befriedigende Antwort. Dies ist der Anfang einer aus Prüfungen bestehenden Odyssee, die die Mutter mit einer tiefen Glaubenskrise, den als Tierarzt arbeitenden Vater mit dem finanziellen Abgrund, die Familie mit emotionalem Chaos konfrontiert. Und die kleine Anna schließlich mit einem Wunder.
Es klingt wie ein bewegendes Hollywood-Drama, das entwickelt wurde, um den Familiensinn zu stärken, um mit einer „Human Interest“-Story die vornehmlich weiblichen Zielgruppe zu bedienen und um dem „Role Model“ der dörflich-robusten US-Hausfrau zu huldigen. Auf dieser Ebene leisten die Filmemacher denn auch solide Arbeit. Jennifer Garner als jung-agile und doch fragile Vorzeigemutter überzeugt ebenso wie Martin Henderson als gebildeter Country-Kerl mit dem Herz auf dem richtigen Fleck und die Kinderdarsteller, die Frust, Leid, Schmerz und Zuversicht bemerkenswert glaubwürdig vermitteln. Hinzu kommt die Landleben-Idylle, die mit harschen Großstadtbildern, aber auch herzigen, nicht gänzlich auf Kapitalismus gepolten Einwohnern konterkariert werden. So funktionieren in Hollywood Unterhaltungsfilme mit wohldosierter Botschaft.
Doch „Himmelskind“ hat noch eine andere, eine religiöse Botschaft. Es geht um Zweifel und den rechten Weg, um Philister und Missionare und um eine Lichtgestalt, die einen Glauben zu festigen vermag, der unaufhaltsam zu bröckeln scheint. Die kleine Anna ist so eine Lichtgestalt, die wie einst Jesus Unmenschliches ertragen muss, bis sie erlöst wird und die frohe Botschaft verbreiten kann. Als selbst der beste Arzt nur noch leidlich tröstende Worte hat und das Mädchen sein unweigerliches Ende akzeptiert, geschieht das Wunder: Beim Spiel fällt Anna in einen ausgehöhlten, uralten Baumstamm. Die Feuerwehr kann die Bewusstlose nahezu unverletzt retten, und als sie in der Klinik aufwacht, ist von der Krankheit keine Spur mehr zu finden. Unglaublich, pathetisch, aber „based on a true story“, wie der perplexe Zuschauer beim Abspann erfährt.
Wie fasst man Dinge, die man nicht fassen kann? „Himmelskind“ macht kein Hehl daraus: Hier muss es sich um eine Gottesentscheidung handeln. So unprätentiös sich der Film im zwischenmenschlichen Drama gibt, so eindeutig verkündet er im Finale das Wunder im christlichen Sinne. Überdeutlich wird Annas wundersame Heilung mit gefühlsseligen Bildern untermalt. Der von erbaulichen Songs dominierte Soundtrack schwingt sich in penetrante Sphären und lässt emotional keinen Zweifel an dem, was zu sehen ist. Das ist Agitation im Stil fundamentalistischer US-Kirchensender. Was schade ist, denn dadurch wird der Duktus des Films in eine unglaubwürdige Richtung gedreht. Glauben aber bedarf keiner unwiderlegbaren Beweise. Wenn Annas wundersame Genesung behutsamer, eher andeutend als triumphierend inszeniert worden wäre, hätte dies einen ungleich stärkeren Eindruck hinterlassen. Denn das letzte, was die bemerkenswerte Leidensgeschichte eines Mädchens benötigt, ist ein wohlfeiler Gottesbeweis.