Liberace – Zu viel des Guten ist wundervoll

Biopic | USA 2013 | 119 (24 B./sec.)/114 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Steven Soderbergh

Biografischer Spielfilm über den berühmten Pianisten und Las-Vegas-Entertainer Liberace (1919-1987). Im Zentrum steht seine langjährige Liebesbeziehung zu seinem Assistenten, den er nicht nur als Sohn adoptieren, sondern dessen Körper er durch Schönheitsoperationen in sein Ebenbild verwandeln wollte. Ein pompöses, ursprünglich fürs Fernsehen produziertes Drama, das den exzentrischen Hedonismus schillernd in Szene setzt, seine Figuren aber warmherzig und mit viel Nachsicht porträtiert. Der Film nimmt nicht nur den Schönheits- und Jugendwahn des heutigen Showbiz vorweg, sondern erzählt von verheimlichter Homosexualität, von Abhängigkeiten und der unerfüllten Sehnsucht nach Gefühlen, die die Zeit überdauern. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
BEHIND THE CANDELABRA
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
HBO Films
Regie
Steven Soderbergh
Buch
Richard LaGravenese
Kamera
Steven Soderbergh
Musik
Marvin Hamlisch
Schnitt
Steven Soderbergh
Darsteller
Matt Damon (Scott Thorson) · Michael Douglas (Liberace) · Rob Lowe (Dr. Jack Startz) · Scott Bakula (Bob Black) · Dan Aykroyd (Seymour Heller)
Länge
119 (24 B.
sec.)
114 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
03.10.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Biopic
Externe Links
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Diskussion
Hinter dem Kronleuchter ist es immer noch hell, auch wenn die kleinen Schatten der Kristalle einem über den Körper laufen. „Behind the Candelabra“ heißt Steven Soderberghs Biopic über den berühmten Show-Pianisten Liberace im Original, weil sich der Film dorthin begibt, wo das Licht nur noch gebrochen scheint: hinter die Kulissen eines mit Pelzen, Diamanten und Gold prunkenden Brimboriums, das der Entertainer allabendlich auf die Bühnen von Las Vegas zauberte. Und das nun wie der Deckmantel über ein Privatleben wirkt, das weit weniger glanzvoll war. Liberace (mit italienischer „tschi“-Betonung) war in den 1970er-Jahren die wohl schillerndste und reichste Figur inmitten der ohnehin um die Wette strahlenden Casinos der Wüstenstadt. Die Finger voller Goldringe, den Chinchilla-Pelz um die Schultern und das Piano unter Strass erstickt, erfreute er sein vorwiegend weibliches Publikum. Was hinter dem Tand verborgen war, ahnte kaum jemand: Der umschwärmte Mann mit den flinken Fingern auf der Klaviatur konnte diese hinter den Kulissen nicht von seinen männlichen Bewunderern lassen. Liberace führte gegen die damals karriereschädigende Behauptung, er sei schwul, mehrere Prozesse, die er auch gewann. Soderbergh aber macht aus der Homosexualität jetzt eine Tatsache. Die erweist sich im Film als humoristische Fundgrube für eines der skurrilsten Darsteller-Pärchen der Filmgeschichte: Michael Douglas ist Liberace mit dem Echthaartoupet auf der Halbglatze – und Matt Damon sein Liebhaber Scott Thorson, der in knappen Tangas oder mit Bräunungsstreifen aus Swimmingpool oder Badewanne steigt, wo das Nichts von Stoff vorher saß. Der bisexuelle Schausteller Thorson war von 1976 bis 1982 Liberaces „persönlicher Assistent“, Chauffeur und Liebhaber. In dem Buch „Behind the Candelabra – My Life with Liberace“ beschrieb er, wie ihn Liberace adoptieren und lebenslang versorgt wissen wollte, ihn aber auch dazu drängte, sich durch Medikamente und Schönheitsoperationen in ein Ebenbild des Künstlers zu verwandeln. Was Scott mit einer Drogenabhängigkeit quittierte. Wie so viele gute Künstlerporträts wählt auch Soderberghs Film die Perspektive des ehemaligen Liebhabers, um in einen Lebensabschnitt zu spähen, der voller Glück und Erfolg war und doch so traurig endete: Kurz nach Rock Hudson verstarb auch Liberace an den Folgen von AIDS. Soderbergh hat „Liberace“ als Fernsehfilm für den US-Sender HBO produziert, allerdings mit einer pompösen Optik, die nicht nur den Las-Vegas-Shows des Künstlers angemessen erscheint, sondern auch dem Sprung des Films auf die Kinoleinwand. Der Schönheits- und Jugendwahn im Hause Liberace nimmt dabei nicht nur das heutige Showbiz vorweg, sondern ist auch herrlich abstrus geraten: Nach dem Lifting schnarcht Liberace mit offenen Augen, der mimisch gemeißelte Schönheitschirurg (Rob Lowe) kann selbst nur noch den Hals-, aber keinen Gesichtsmuskel mehr bewegen und Scott will sich heimlich ein Kinngrübchen operieren lassen. Mit spürbarer Lust am Entsetzen seziert die Kamera die Schnitte des Skalpels hinter den Ohren, das Zerbrechen eines Nasenrückens oder das Einsetzen der Kinn-Implantate. Liberace wird immer jünger – und Scott immer mehr wie Liberace. Dass die Produktion dafür ausgerechnet Michael Douglas und Matt Damon, zwei exemplarische Vertreter fürs heterosexuell potente Rollenspektrum, besetzte, hätte man nach Douglas’ Krebsleiden und Damons „Bourne“-Einsatz kaum erwartet. Andererseits gilt Soderbergh seit der „Ocean’s“-Reihe quasi als Zeremonienmeister, was das Inszenieren von Las Vegas, Luxus-Apartments und Männerkörpern betrifft – auch wenn er diese in „Magic Mike“ (fd 41 205) lieber aus- als in schicke Designeranzüge verpackte. Das Hochglanz-Portfolio bleibt, nur bestehen die Outfits diesmal aus knallengen Höschen, blütenweißen Uniformen und einem Neuschwanstein-Interieur, für das wohl ein ganzer Swarovski-Steinbruch herhalten musste. Man kann Soderbergh und seinen beiden Stars dieses maßlose Schwelgen in Klischees eigentlich nur deshalb verzeihen, weil sich die Gefühle der beiden Männer so echt anfühlen. Viel Witz, aber auch viel Wärme und noch mehr Wahrheit steckt in dieser Erzählung von Liebe, Abhängigkeit und Lebensabschnitts-Beziehungen, die wechselnde Protagonisten, aber immer nur ein Zentrum hatten: Liberace. Was unter dessen freundlichem, aber bestimmten Hedonismus verborgen lag, ein Sehnen nach Gefühlen, die die Zeit überdauern und nicht von ihr verschlungen werden, klingt in seiner Interpretation des Songs „Impossible Dream“an: „And I know if I’ll only be true to this glorious quest. That my heart will lie peaceful and calm when I’m laid to my rest.“
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