Monster (2003)
Biopic | USA/Deutschland 2003 | 111 Minuten
Regie: Patty Jenkins
Filmdaten
- Originaltitel
- MONSTER
- Produktionsland
- USA/Deutschland
- Produktionsjahr
- 2003
- Produktionsfirma
- MDP Worldwide/DEJ Productions/Denver and Delilah Productions/ K/W Productions/Media & Entertainment/VIP 2 Medienfonds/Zodiac Productions
- Regie
- Patty Jenkins
- Buch
- Patty Jenkins
- Kamera
- Steven Bernstein
- Musik
- BT
- Schnitt
- Jane Kruson · Arthur Coburn
- Darsteller
- Charlize Theron (Aileen Wuornos) · Christina Ricci (Selby Wall) · Bruce Dern (Thomas) · Scott Wilson (Horton, letzter "Freier") · Pruitt Taylor Vince (Gene, stotternder "Freier")
- Länge
- 111 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 16; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Biopic | Thriller
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Heimkino
Neben der Standard Edition, die keine erwähnenswerten Extras aufweist, ist zudem eine aus 3 DVDs bestehende Deluxe-Edition erschienen. Diese beinhaltet neben einer Bonus-DVD mit Interviews und der 55-minütigen Pressekonferenz anläßlich der Premiere des Films auf der Berlinale 2004 eine weitere DVD. Sie enthält die bereits bei e-m-s seperat erschienenen Dokumentationen "The Selling of a Serial Killer" (1992, 85 Min.) sowie "Life and Death of a Serial Killer" (2003, 90 Min.), die sich mit der dem Film zugrunde liegenden realen Figur und deren Odyssee beschäftigen.
In „Monster“ wird fast nichts davon inszeniert. Nur hin und wieder kommt Aileens traumatische Vergangenheit in Dialogen zur Sprache, fast immer wie nebenbei. Frei von einem selbstgerechten psychoanalytischen Impetus, will Jenkins’ Film nicht aufarbeiten, wie Wuornos zur Mörderin heranwuchs. Stattdessen eröffnet er ungeschönte Einblicke in eine Realität voller beunruhigend offener Fragen. Von Anfang an destruiert die Regisseurin das Bild vom lesbischen Monster, in dem sie den Zuschauer in Aileens verquere Perspektive hineinzwängt. Das Wort „Monster“ verweist jetzt nicht mehr auf eine skrupellose Mörderin, sondern nur noch auf ein kindlich bestauntes Riesenrad, das „Monster- Wheel“. Plötzlich, fast unvermittelt steht Aileen als Erwachsene im Regen, einsam, entkräftet, mutlos, zum Selbstmord bereit. Aber sie hat noch fünf Dollar in der Tasche, die ihr ein Freier bezahlt hat; wenn sie das Geld nicht ausgibt, ist es, als hätte sie umsonst gearbeitet. Also geht sie in eine Bar und wartet auf ein Wunder. Es ist Zufall, dass es eine Homosexuellen-Kneipe ist, aber als die junge Selby sie anspricht, glaubt sie noch einmal an eine letzte Chance. Zwischen Selby, die von ihrem Vater zur Tante geschickt wurde, um von ihrer lesbischen Neigung kuriert zu werden, und der Straßenhure entwickelt sich eine verzweifelte, alles verschlingende Liebe. Beide träumen von einer gemeinsamen bürgerlichen Zukunft; Sexualität spielt kaum eine Rolle. Nachdem Aileen einen Freier erschießt, der sie zuvor brutal misshandelt und bedroht hat, möchte sie mit der Prostitution aufhören. Aber ihre Versuche, in einem anständigen Beruf unterzukommen, scheitern. Um die verwöhnte, fordernde Selby nicht zu verlieren, geht sie zurück auf den Strich – und schon bald tötet sie wieder. Diesmal aber nicht aus Notwehr, so sehr sie es sich auch einzureden versucht.
Obwohl Patty Jenkins für ihren Film gründlich recherchiert, mit Aileen Wuornos gesprochen und noch in der Nacht vor deren Hinrichtung persönliche Briefe von ihr zur Verfügung gestellt bekam, ist kaum anzunehmen, dass die Darstellung der Morde den tatsächlichen Geschehnissen entspricht. Die Regisseurin steigert die moralische Verwerflichkeit von Wuornos’ Taten bis zu dem Punkt, an dem ihre Festnahme vom Zuschauer herbeigesehnt werden muss. Den Abscheu, den Aileens Taten auslösen, kontrastieren Liebesszenen im romantischen Hollywood-Tonfall, die angesichts Aileens geradezu rührender emotionaler Unbedarftheit Mitgefühl hervorrufen. Bei aller thematischen Schwere tut Patty Jenkins gut daran, ihren Film nicht zusätzlich mit formalen Experimenten zu belasten. Mise-en-Scène und Montage bleiben unauffällig, folgen dem Geschehen auf klassische Weise mit einer für eine Regiedebütantin erstaunlichen Selbstverständlichkeit. Seine unbehagliche Ambivalenz und irritierende Eindringlichkeit verdankt das Biopic neben dem Drehbuch vor allem Charlize Therons famoser Darbietung, die in Christina Riccis subtilem Spiel adäquate Unterstützung findet. Zu Recht wurde ihre ausdrucksstarke Performance als Durchbruch gefeiert und mit dem „Oscar“ sowie dem „Golden Globe“ belohnt. Wenn amerikanische Gazetten ihre schauspielerische Leistung jedoch in Kapitallettern als die Verwandlung von der „Schönen“ in das „Biest“ preisen, ist das gleich in doppelter Hinsicht zynisch. Denn nicht zuletzt dank Hollywoods offensichtlich programmatischer Ablehnung, junge Schauspielerinnen zu casten, die nicht im Ruf stehen, „sexy“ zu sein, erfüllte sich für Ex-Model Charlize Theron mit der Rolle der Mörderin ein beruflicher „Traum“. Bedenkt man zudem, dass für die echte Aileen Wuornos der Traum vom Film erst in der Todeszelle Gestalt anzunehmen begann, und Wuornos das Leben, das Theron spielen durfte, führen musste, erscheinen eine Gewichtszunahme von 30 Pfund und eine „entstellende“ Maske keine allzu schweren Opfer mehr.