Lost in Translation
Drama | USA/Japan 2003 | 102 Minuten
Regie: Sofia Coppola
Filmdaten
- Originaltitel
- LOST IN TRANSLATION
- Produktionsland
- USA/Japan
- Produktionsjahr
- 2003
- Produktionsfirma
- American Zoetrope/Elemental Films/Tohokashinsha Film Company
- Regie
- Sofia Coppola
- Buch
- Sofia Coppola
- Kamera
- Lance Acord
- Musik
- Brian Reitzell · Kevin Shields
- Schnitt
- Sarah Flack
- Darsteller
- Scarlett Johansson (Charlotte) · Bill Murray (Bob Harris) · Giovanni Ribisi (John) · Anna Faris (Kelly) · Akiko Takeshita (Miss Kawasaki)
- Länge
- 102 Minuten
- Kinostart
- -
- Fsk
- ab 6; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 16.
- Genre
- Drama
- Externe Links
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Heimkino
Ein Mann hätte diesen Film so nicht machen können. Am meisten verblüfft an „Lost in Translation“ die erstaunliche Reife der jungen Regisseurin, die von Anfang an Werke schafft, die in jeder Einstellung Individualität atmen, unverwechselbare Persönlichkeit. Immer noch holt sie ihr Name ein, als ob nicht offensichtlich wäre, dass Sofia Coppola ganz andere Filme macht als ihr berühmter Vater, dass sie dort, wo dieser das Schicksal von Generationen und Epochen in epischer Breite, mit geschichtsphilosophischem Anspruch ins Kino bringt, ganz private, intime Stoffe erzählt, sogenannte „kleine“ Geschichten. Das gilt bereits für ihre erste Arbeit, das Drehbuch zu „Life without Zoe“, den von ihrem Vater verfilmten Mittelteil des Episodenfilms „New York Stories“ (fd 27 833). Auch dort geht es unter der Oberfläche einer gutgelaunten Kindheit um Einsamkeit, um den Platz in der Welt, den man nicht findet. Und: Bereits dieser Film spielt – wie „Lost in Translation“ – größtenteils in einem Hotel, was kein Zufall ist, denn nur dort verbindet sich das Private, Intime so direkt mit Anonymität, Vergänglichkeit, dem Flüchtigen wie nirgendwo anders.
Das Flüchtige, Vergängliche ist ihr Thema. Auch in „The Virgin Suicides“ (34 539), ihrem Spielfilmdebüt, der Verfilmung eines Romans des damals unbekannten Jeffrey Eugenides, einem der merkwürdigsten, aber auch bemerkenswertesten Filme der späten 1990er-Jahre. Selten wurde die Generationserfahrung und Stimmung der heute 30-Jährigen so präzis eingefangen. Hier knüpft „Lost in Translation“ an. Das eigentliche Thema des Films ist die Einsamkeit inmitten des modernen Lebens. Der Versuch, aus Gleichgültigkeit und Entfremdung der menschlichen Verhältnisse auszubrechen. Wie Schlafwandler verbringen Charlotte und Bill, gequält von Jet Lag und Isolation, ihre Nächte in der Hotelbar, verlieren und verlieben sich. Tokio wird ihnen zum seltsamen Wunderland. Nachts streifen diese „Strangers in the Night“ durch eine neonstrahlende Stadt, durch lärmende Spielhöllen und Karaoke-Bars. Die Welt oder sich selbst entdecken sie dabei nicht neu; sie haben einfach einen unvergesslichen Abend. Ihre Beziehung bleibt genau in der Mitte zwischen platonischer Liebe und Affäre. Gerade in der Vagheit und Zögerlichkeit dieses Verhältnisses stecken exemplarische, authentische Gefühle. Sie sind Situationen abgetrotzt, die sie eigentlich nicht mehr ermöglichen; ein Triumph gegen die Wirklichkeit. „Lost in Translation“ ist ein Kammerspiel über den Verdruss, voller Gefühl für die Nuancen der Empfindungen. Der Film zeigt ein in romantische Melancholie getränktes Lebensgefühl, und amüsiert zugleich, denn er ist bei aller Tiefe doch auch eine gelungene Satire auf das Verhältnis des Westens zu Japan. Zahllos sind die Witze über zu kleine Duschen und zu schnelle Laufbänder, sonderbare Werbung und grelle Fernsehshows, die aus der Sicht des westlichen Besuchers auf Kosten des zeitgenössischen Japans gemacht werden, doch der Tonfall bleibt immer liebevoll, nie verächtlich. Sehr klug und sensibel erfasst Coppolas Blick die Schönheit eines Landes, das aus der Spannung zwischen Tradition und radikaler Moderne lebt. Die Erfahrung von Fremdheit muss dabei nicht immer etwas Gutes bedeuten. Nur findet man solche Fremdheit manchmal direkt in sich selbst. In „Lost in Translation“ bestimmt das Jet-Lag-Gefühl, das Herausgerissensein aus der Zeit, die Atmosphäre, bildet das heimliche Grundempfinden. Die Bilder, in die die Regisseurin und ihr Kameramann Lance Acord diese Erfahrungen tauchen, sind hell, pastellfarben, irgendwie verträumt und irreal, aber zugleich tief emotional. Zumindest an der Oberfläche erinnern sie an andere asiatischen Filme. Wie die Figuren driftet auch die Kamera durch die Nacht, unterstützt von präzis gewählter Elektro-Popmusik, die alles in Trance zu tauchen scheint. Schlafwandelnde Bilder. „Lost in Translation“ ist zart und versponnen, reserviert und scheu, ohne jede Hybris. Komödie und Tragödie treffen sich. Alles ist möglich in der zärtlichen Geschichte dieser beiden Gestrandeten, bis zum Ende. Aber es bleibt unspektakulär. Die letzten Worte, die sie austauschen, kann man nicht verstehen: Vielleicht treffen sie sich nächste Woche; wahrscheinlich aber nie wieder.