© Kampa Verlag (aus dem Cover zu Christopf Weigolds "Der böse Vater")

Authentische Erfindungen

Ein Gespräch mit dem Schriftsteller Christof Weigold, der sich nach ernüchternden Erfahrungen als Drehbuchautor auf Kriminalromane in der Goldenen Zeit von Hollywood verlegt hat

Veröffentlicht am
18. April 2024
Diskussion
 

Der Schriftsteller Christof Weigold machte sich in den 1990er-Jahren als Schreiber für die „Harald Schmidt Show“ einen Namen und war als Drehbuchautor für Film und Fernsehen tätig. Nach ernüchternden Erfahrungen in der Branche wandte er sich Hollywood-Kriminalromanen zu, die im Goldenen Zeitalter der Traumfabrik spielen und reale Fälle zum Vorbild haben.


Charlie Chaplin hält Hof in einem Nebenraum des legendären Restaurants „Musso & Frank“ auf dem Hollywood Boulevard, einem Treffpunkt für die Branche. Schriftsteller, Drehbuchautoren und Schauspielstars gehen hier ein und aus: Ernest Hemingway, Raymond Chandler, Greta Garbo, die Studiobosse Harry und Jack Warner – und eben Chaplin. Der nun gibt dem Privatdetektiv Hardy Engel nur unter einer Bedingung einen entscheidenden Hinweis: Sein Name darf nicht mit den mysteriösen Umständen in Zusammenhang gebracht werden, die den Tod des Produzenten Thomas Ince umwehen. War es ein Herzinfarkt oder ein gezielter Schuss? Wer will das schon so genau sagen, wenn jede Äußerung rufschädigend sein kann? Hardy Engel schlägt ein.

Der Autor Christof Weigold hat in den 1990er-Jahren für die „Harald Schmidt Show“ Gags und Sketche geschrieben; jetzt schreibt er Hollywood-Krimis und hat dafür den Privatdetektiv Hardy Engel erfunden: einen deutschen Weltkriegsveteranen und gescheiterten Schauspieler, der sich im Los Angeles der 1920er-Jahre als Privatdetektiv verdingt. In „Der böse Vater“ (2023) ermittelt er bereits zum vierten Mal in Hollywood und trifft Chaplin, weil dieser an Bord jener Yacht war, von der Thomas Ince kurz vor seinem Tod schwerkrank abtransportiert wurde.

„Der böse Vater“ spielt 1929, in einem Jahr, das auch das noch junge Hollywood nachhaltig beeinflussen sollte: Börsencrash, Tonfilm, erste „Oscar“-Verleihung – auch die spielt im Roman eine Rolle, ebenso die Riege aus deutschen Einwanderern, die das Studiosystem etablierten, allen voran der Schwabe Carl Laemmle, der Boss von Universal.

Weigold empfängt in seiner Schreibstube in München-Schwabing, seiner Wahlheimat. Hardy Engels fünfter Fall ist gerade in Arbeit – die Storyline liegt auf verschiedenfarbigen Post-its ausgebreitet auf einem Couchtisch. Die Bücherwände sind dicht gefüllt mit Hollywood-Memoiren, Abhandlungen zum Studiosystem und zeit- wie filmhistorischen Dokumenten.

Christof Weigold beim Krimifestival Moers im Frühjahr 2024 (© IMAGO / Funke Foto Services)
Christof Weigold beim Krimifestival Moers im Frühjahr 2024 (© IMAGO / Funke Foto Services)


Da haben Sie sich aber eine beeindruckende Filmbibliothek zugelegt. Das ist eine ideale Basis für Ihre historischen Kriminalromane, oder?

Christof Weigold: Hier steht wirklich fast jede Hollywood-Memoire: Bob Hope, John Huston, Preston Sturges, Ava Gardner, Frank Capra, aber auch Miloš Forman – also sehr breit. Diese Bücher sind ein Füllhorn für mich, aus dem ich alles Mögliche für meine Romane ziehe.

Also nicht nur die Fakten zu den Kriminalfällen und über Hollywood in den 1920er-Jahren?

Weigold: Genau. Mich hat interessiert, wie tief ich diese Welt, also auch die Lebenswelt der damaligen Zeit, recherchieren muss. Wo setzt man das Fiktionale dran? Natürlich ist die Hauptfigur erfunden, und zwar „along the lines“ von klassischen Privatdetektiven der Film- und Krimi-Geschichte. Den Fällen folge ich als rotem Faden, von dem aus ich mir dann alle Freiheiten erlaube. Hätte ich einen Fall komplett erfunden, wäre ich der schnöden, aber eben auch bösen Wirklichkeit in Hollywood gar nicht gerecht geworden. Diese Fälle sind teilweise so profan und gleichzeitig so verwinkelt und unwahrscheinlich, dass man gar nicht glauben mag, womit die Täter dann auch teilweise durchkamen. Manchmal musste ich auch überlegen, welche Details ich übernehme, weil es einfach nicht glaubhaft wirkt, was da wirklich passiert ist.

Zum Beispiel?

Weigold: Im zweiten Band geht es um den Regisseur William Desmond Taylor, der umgekommen ist. Der war eigentlich schwul, wenn ich das spoilerhaft vorwegnehmen darf. Um das zu vertuschen, hatte man ihm Briefe angeblicher weiblicher Geliebter untergeschoben. Es gab durchaus Briefe von Schauspielerinnen. Die waren teilweise wirklich in ihn verliebt. Das wurde dann so inszeniert, als habe Taylor Affären mit den Frauen gehabt. Die Studio-Fixer haben ihm sogar eine Höschen-Sammlung in die Schublade getan, so als hätte er die von seinen Liebhaberinnen gesammelt. Das war natürlich eine tolle Geschichte für die Boulevardpresse – alles nur Ablenkung. Das ist wahnsinnig hanebüchen und unglaubwürdig, ist aber wirklich so passiert.

Fakt und Fiktion verschwimmen also auf allen Ebenen.

Weigold: Wenn man recherchiert, merkt man, dass Boulevard-Geschichten, also Dinge, die von Reportern erfunden wurden, und Sachen, die sich die Studio-Fixer ausgedacht haben, fließend ineinander übergehen. Das ist ja auch ein Job, den Hardy Engel im ersten Band für Universal selbst gemacht hat, also für das „deutsche“, von Carl Laemmle gegründete Studio. Ich bin jetzt lustigerweise in Band 5 angelangt, bei MGM und Eddie Mannix. Der ist ja sozusagen der Inbegriff eines Studio-Fixers; über ihn gibt es auch Bücher. Da sind wir jetzt bei einem schönen Beispiel, wie Fiktionen und Fakten ineinander übergehen. Ich lasse ihm Hardy Engel mit den Worten vorstellen: „Hardy Engel hat übrigens ihren Job mal erfunden.“ Natürlich ist es in Wahrheit so, dass ich über Leute wie Eddie Mannix gelesen habe und meinen Privatdetektiv auch in diesen Job wechseln lasse und mir dieses Augenzwinkern erlaube.

Könnte man sagen, dass Hardy Engel eine authentische Erfindung ist?

Weigold: Das ist richtig. Ich brauche Wendungen wie die, dass Hardy Engel Studio-Fixer bei Universal wird, damit er an dem Fall, den er eigentlich untersucht, weiterarbeiten kann. Hardy spielt ein Doppelspiel, und schon entwickelt die ganze Geschichte eine gewisse Komplexität. Das muss man sich gezielt zurechtlegen.

Hardy Engels erster Fall (© Kiepenheuer & Witsch)
Hardy Engels erster Fall (© Kiepenheuer & Witsch)

Welche Vorbilder haben Sie denn zurate gezogen? Raymond Chandlers Hard-Boiled-Romane sind offensichtlich, aber vermutlich waren auch viele Filme und Serien dabei?

Weigold: Ich bin bei Kriminalromanen gar nicht so firm. Ich interessiere mich für eine ganz bestimmte Art von Krimis, aber ich kenne mich nicht in der Breite aus und oder habe auch keine großartigen Reihen durchgelesen. Im Prinzip kenne ich mich am besten bei Los-Angeles-Krimis aus, was fast schon eine Art Fachlektüre, also mit Michael Connelly oder James Elroy. Was das Schreiben und die Expertise betrifft, habe ich mich eher an Serien orientiert, und zwar in der Hinsicht, wie ich dem Leser ein Schnippchen schlage und unvorhersehbar erzähle. Bei mir sterben auch gerne mal Menschen, bei denen man sagt: Das kannst du eigentlich nicht machen! Im ersten Fall verliert Hardy ein Auge, und man fragt sich vielleicht: Wie kann man eine Reihe mit einem Privatdetektiv konzipieren, der nur ein Auge hat? Aber das ist genau der Punkt: Man macht es seinem Helden schwer und schafft damit etwas Besonderes.

Der erste Teil der Reihe kam 2018 heraus: „Der Mann, der nicht mitspielt“. Davor hatten Sie schon eine Karriere als Autor für die „Harald Schmidt Show“, für Fernsehfilme und sogar als Schauspieler. Wie kam es zur Romanreihe?

Weigold: Der konkrete Anlass war eigentlich ein Projekt, das ich gemeinsam mit meinem Freund Dan Mark entwickelt habe. Eine James-Bond-Parodie mit einem DDR-Agenten, ein klassisches Spoof Movie, ein bisschen wie „Austin Powers“, aber mit Trabi. Das wäre 2009 fast zustande gekommen, mit Matthias Schweighöfer in der Hauptrolle und Milan Peschel als seinem sächselnden Techniker. Es gab sogar schon Marktforschung, die finale Drehbuchfassung, Storyboards, es gab auch einen Regisseur und Besetzungen ohne Ende. Wir hatten Drehbuchförderung bekommen und ein Budget von Disney. Es fehlte aber noch eine Förderung, die wir letztlich nicht bekamen. Ich habe also zwei Jahre lang einen hochbudgetierten Kinofilm nach eigener Idee entwickelt – ohne Ergebnis. Wenn dich dann jemand fragt, was du zuletzt gemacht hast, fehlen dir schlicht zwei Jahre in der Biografie. Das war der Punkt, an dem ich angefangen habe, über einen Roman nachzudenken. Ich wollte nicht mehr von solchen Zufällen abhängig sein. Am meisten hat mich dabei wirklich die Autonomie interessiert.

Das heißt, Sie haben ohne Verlag einfach drauflos geschrieben? Das klingt nach der ultimativen Freiheit, die man sich aber auch erstmal leisten können muss.

Weigold: In den USA nennt man das „fuck you money“. Ja, ich konnte es mir leisten, ein Jahr nichts zu verdienen. Ich habe zwar noch das ein oder andere Exposé geschrieben, aber das war nicht mehr mein Hauptjob. Hätte ich während dieser Zeit ein Drehbuch entwickelt, hätte das zeitlich nicht funktioniert. Es spielte auch eine Rolle, dass sich damals auf mein 50. Geburtstag zusteuerte und ich 2014 aus einer schwierigen Zusammenarbeit mit einem Produzenten kam. Das war kein Drama, eher der übliche Wahnsinn, aber da gab es dann einen Punkt, an dem ich aus dem Projekt ausgestiegen bin und mir gesagt habe: Jetzt nimmt dir ein Jahr Zeit und schreib’ den Roman. Natürlich war das ein großes Risiko, aber ich wollte mich einfach auf etwas Neues einlassen. Ich wusste wirklich nicht, ob das funktioniert, weil ich ja auch noch nie einen Krimi geschrieben hatte.

Es war also von Anfang an klar, dass der Stoff ein Roman werden sollte?

Weigold: Ja. Es gab ein interessanter Moment, der mich animiert hat, das dann so zu machen. Ich habe gemerkt, dass ich hier eigentlich eine achteilige Serie schreibe, also das, was ich im Prinzip auch sonst machen würde. Bei einer echten Serie würden aber viele Leute reinreden. Von Bekannten in der Literaturbranche wusste ich, dass man bei historischen Romanen mit mindestens 600 Seiten rechnet. Mir war auch klar, dass ich das in einer gewissen Breite machen wollte, damit die Leser in diese Zeit eintauchen können.

Welche Vorteile hatte es für Sie, dass Sie aus den Fällen kein Serienkonzept gemacht haben?

Weigold: Hätte ich den Stoff als Serie angedacht, bestünde durchaus die Gefahr, dass diese echten Fälle parallel verfilmt würden. Zum Fatty-Arbuckle-Fall, der ja im ersten Buch den zentralen Plot bildet, gab es jahrelang ein Projekt von Barry Levinson. Da habe ich immer drauf geschaut. Wenn Sender und Streamer dasselbe Thema inflationär bespaßen, kann das nicht gut gehen, wie man derzeit bei den vielen „Sisi“-Verfilmungen sieht.

Auf Ihrem Tisch liegen die Story-Lines auf Post-its so ausgebreitet, dass man fast glauben könnte, es entsteht ein Drehbuch und kein Roman. Wie unterscheidet sich das literarische Schreiben von der Arbeit an einem Drehbuch?

Weigold: Was hier liegt, ist tatsächlich nur das letzte Drittel. Die Post-its sind eine Mischung aus Kapitelzusammenfassungen, Recherchen und Anekdoten, die ich aus all den Büchern zusammengetragen habe. Das lege ich mir hier zurecht und verwebe es zu einem Teppich. Im besten Fall entsteht daraus ein Flow. Aber ja, ich gehe wie Showrunner bei einer Serie vor. Der Unterschied liegt im Rhythmus. Beim Drehbuchschreiben würde man nach einem Muster vorgehen: Plot, Plot, Plot, Cliffhanger, Übergang und dann immer einen direkten Anschluss suchen. In den Romanen gibt es hingegen diese Erzählerfigur. Das ist auch nicht umsonst ein Ich-Erzähler.

Hardy Engel, der gescheiterte Schauspieler, der sich nun als Privatdetektiv verdingt…

Weigold: Genau. Das schränkt beim Schreiben ein, weil man keine Perspektivwechsel machen kann, was beim Film ja ein wichtiges Mittel ist. Das hat übrigens Robert Towne auch gesagt, der Drehbuchautor von „Chinatown“ (1974). Der Film ist für mich ein großes Vorbild. Das Problem bei einem Ich-Erzähler ist, immer nur aus der Perspektive dieser einen Figur zu erzählen. Das ist eine Einschränkung; es ist aber auch ein Vorteil, dass man alles ganz lebendig quasi durch die Augen der Figur vermitteln kann.

Hat Inspiration geliefert: "Chinatown" (Paramount)
Hat Inspiration geliefert: "Chinatown" (© Paramount)

Im Fall von Hardy Engel mit nur einem Auge!

Weigold (lacht): Mit dessen Auge, genau. Da muss ich auch beim Schreiben immer noch aufpassen. „Unter vier Augen“ kann man dann ja nicht sagen. Ein großer Unterschied zum Drehbuchschreiben sind Einzelrecherchen, für die ich hier Raum habe. Wie hat man 1922 eine Flugstunde gegeben? Da habe ich im Deutschen Museum in München dankenswerterweise mit einem Experten besprechen können. Oder wie hat sich die Postfliegerei entwickelt, die eine Rolle spielt? In diesem Fall habe ich sogar noch herausgefunden, dass der Regisseur Cecil B. DeMille eine Fluglinie gegründet hat, nämlich die erste in Kalifornien, und damit auch auf diesem Feld ein absoluter Pionier war. Solche historischen Entdeckungen machen die Erzählwelt interessant und lebendig. Ich freue mich schon auf Dinge, die 1936 kommen. Aktuell bin ich im Jahr 1932 angekommen; auch da gibt es echt tolle Sachen.

Berücksichtigen Sie auch aktuelle Ereignisse? Der Fatty-Arbuckle Fall erinnert ja auch merkwürdigerweise an Harvey Weinstein.

Weigold: Das ist ein sehr interessanter Punkt. Die Parallelen stellen sich quasi von selber ein. Nur im dritten Band hat es sich beim Schreiben angeboten, das zu forcieren. Da stirbt der amtierende US-Präsident, und im Hintergrund geht es um Verschwörungstheorien und den Ku-Klux-Klan. Ich habe es dann etwas politischer werden lassen, weil es der Fall hergegeben hat und weil ich unter dem Eindruck der Trump-Präsidentschaft geschrieben habe. Das Buch „Die letzte Geliebte. Hardy Engels dritter Fall“ ist 2020 erschienen.

Im aktuellen Roman erzählen Sie die Entstehungsgeschichte der Verfilmung von „Im Westen nichts Neues“. Kurz davor hatte Edward Berger mit seinem neuen Film einen „Oscar“ gewonnen; der Film hat ja auch einen Nerv getroffen.

Weigold: Das stimmt! Die Geschichte erzähle ich im Übrigen ja auch, weil sie ein Licht auf Hardy Engel wirft, der als Weltkriegsveteran beratend am Set mit dabei ist. Das war ein schöner Dreh, um seine Biografie genauer zu beleuchten und Dinge über ihn zu erzählen, die bisher noch nicht bekannt wurden. Auch deshalb ist ein Kontakt mit Edward Berger zustande gekommen.

Mal angenommen, Hardy Engel würde verfilmt – wer müsste ihn spielen?

Weigold: Eine Freundin hat mich drauf gebracht: Hardy Engel müsste von Albrecht Schuch gespielt werden. Das ist einer der besten deutschen Schauspieler. Für Carl Laemmle wäre Christoph Waltz meine Idealbesetzung – ein skurriler und etwas zwielichtiger Studio-Mogul. Das fände ich sehr passend.

Sie haben selbst schon viel in und mit der Filmbranche gearbeitet. Wie viele eigene Erfahrungen fließen beim Schreiben der Hollywoodstrukturen ein?

Weigold: Ich kann natürlich nur verallgemeinernd sagen, dass eigene Erfahrungen eingeflossen sind. Ein Beispiel: Im ersten Band gibt es ein großes Treffen, bei dem sich alle großen Filmtycoons treffen: Mayer, Goldwyn, Laemmle, Fox, Selznick, Lasky und so weiter. Und die lasse ich teilweise wie Produzenten reden, die ich kenne. Samuel Goldwyn ist eine meiner Lieblingsfiguren, auch weil er diese „Goldwynisms“ erfunden hat. Die musste ich praktisch auf Deutsch nachbilden und mir eigene Ausdrücke einfallen lassen; das war ein Wahnsinnsspaß. Da hilft es, sich konkrete Personen vor Augen zu halten, mit denen ich als Drehbuchautor in Stoff-Konferenzen saß. Die Quintessenz im ersten Band ist eigentlich, dass Hardy Engel es selbst fast nicht glauben mag, wie profan die Bosse gedacht haben, und dass man sich darauf sogar bei der Lösung des Falles regelrecht verlassen kann. Im neuen Band sagt er es dann auch: „Nehmen Sie das Billigste und Profanste an, was passieren könnte. Das wird es gewesen sein.“

Das hat ja auch etwas Absurdes und Komisches. Sie sprechen von sich selbst als genuinen Komödienautor. Hat die Erfahrung in diesem Genre auch im Krimi geholfen?

Weigold: Ich finde, dass man einen Krimi und eine Komödie relativ ähnlich baut. Bei Komödien zielt man auf Gags ab, im Krimi auf einen besonderen Clou, eine besondere Wendung, eine besondere Erkenntnis, einen Spannungspunkt; dramaturgisch kommt das auf dasselbe raus. Ich gehe ein bisschen wie ein Architekt vor.

Vom Tonfall her ist der Ich-Erzähler Hardy Engel ja auch immer wieder komisch.

Weigold: Ja, der Tonfall liegt mir als Komödienautor einfach, und das lasse ich mir auch im Krimi nicht nehmen. Ich schreibe Dialogsätze auf und streue die dann über den Text. Gerade muss ich daran denken, wie ich die Szene recherchiert habe, die im Hollywood Roosevelt Hotel bei der ersten „Oscar“-Verleihung spielt: Ich habe dort gewohnt! Dabei stieß ich auf die Geschichte, dass es im Hotel angeblich spukt. Ein siebenjähriges Mädchen in einem blauen Kleid soll dort gestorben sein. Seither erscheint es angeblich den Gästen. Das musste dann natürlich im Roman vorkommen. Dazu lasse ich Hardy Engel mitten in der Prohibition sagen: „Es ist geradezu unwahrscheinlich, was man alles zu sehen bekommt, wenn man mal mit dem Saufen aufgehört hat.“


Von Christof Weigolds Hollywood-Krimis sind bislang erschienen:

Der Mann, der nicht mitspielt. Hollywood 1921: Hardy Engels erster Fall. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2018. 640 Seiten

Der blutrote Teppich. Hollywood 1922: Hardy Engels zweiter Fall. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019, 640 Seiten

Die letzte Geliebte. Hollywood 1923: Hardy Engels dritter Fall. Verlag Kiepenheuer & Witsch. Köln 2020. 656 Seiten

Der böse Vater. Hollywood 1929: Ein Fall für Hardy Engel. Kampa Verlag, Zürich 2023, 624 Seiten

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