Mit „Saint Omer“ (Kinostart:
9.3.2023) hat die französische Dokumentarfilmerin Alice Diop ihren ersten
Spielfilm vorgelegt und wurde damit prompt beim Filmfestival in Venedig mit dem
„Großen Preis der Jury“ geehrt. Diop, 1979 als Tochter einer aus dem Senegal
stammenden Familie in Frankreich geboren, fokussiert in ihren Arbeiten immer
wieder auf Protagonisten, die wie sie einen migrantischen Hintergrund haben:
Ein Kino der Fremdheitserfahrung, das vom genauen, geduldigen Hinsehen lebt.
Wenn ich ganz ehrlich bin,
kann ich diesen Text nicht schreiben. Es gibt eine Distanz zwischen mir und
dem, was die Filme von Alice Diop zeigen, die nicht mit den üblichen
Verweisen auf das Kino als universale Sprache oder ähnlichen rhetorischen oder
gedanklichen Kniffen zu überbrücken ist. Dabei geht es nicht um zu simple
Zuschreibungen, die mir aufgrund meiner kulturellen Herkunft oder Hautfarbe
versagen würden, über diese Filme zu schreiben. Es geht vielmehr um ein
Erfahrungsdefizit, das verhindert, in den Bildern ihrer Filme das zu sehen, was
zu sehen ist.