Es ist eigentlich erstaunlich, dass es nur wenige Filme über den Apostel Paulus gibt. Die biblischen Texte der Apostelgeschichte, die Paulus-Briefe und die Legenden über ihn böten mehr als genug dramatischen Stoff: Die erstaunliche Wandlung vom Christenverfolger zum glühenden Missionar im Namen Christi, der (vermutete) Märtyrertod in Rom, vor allem aber die vielen Reisen, die Paulus quer durch Kleinasien und den Mittelmeerraum führten, um als „Völkerapostel“ die Botschaft von Tod und Auferstehung Jesu über den jüdischen Raum hinaus zu verbreiten.
Pier Paolo Pasolinis Versuch, die Paulus-Figur ins 20. Jahrhundert zu verlegen, blieb durch seinen frühen Tod trotz jahrelanger Vorarbeit unvollendet. Die US-Produktionsfirma Affirm Films, die sich vornehmlich auf Filme zu biblischen und spirituellen Themen für ein christlich orientiertes Publikum spezialisiert hat, besetzt mit „Paulus, der Apostel Christi“ also durchaus ein Thema, bei dem cineastischer Nachholbedarf besteht.
Umso enttäuschender ist, dass Regisseur Andrew Hyatt, der auch am Drehbuch mitgearbeitet hat, sein Paulus-Porträt auf eine biografische Spanne konzentriert, die die Figur in recht ausgetretene Bibelfilm-Spuren manövriert. Hyatt schildert die letzten Lebenswochen des Apostels (James Faulkner) in einem römischen Gefängnis, wo er auf die Vollstreckung des von Kaiser Nero verhängten Todesurteils wartet, der ihn und die anderen Christen Roms als Sündenbock für den Brand der Stadt grausam leiden lässt. Das läuft auf jene Gegenüberstellung eines dekadenten, moralisch maroden Imperiums und der neuen Religion der Armen und Unterdrückten hinaus, wie man sie auch schon aus „Das Gewand“ oder „Quo Vadis?“ kennt.
Die Auseinandersetzung mit dem, was Paulus für die christlichen Kirchen so bedeutsam machte, seine Missionsreisen, das Gründen und Fördern von Gemeinden und damit die Schaffung einer christlichen Infrastruktur, klingt allenfalls in den Gesprächen der Protagonisten an. Paulus bekommt im Kerker Besuch von Lukas (Jim Caviezel, bekannt als Jesus in Mel Gibsons "Die Passion Christi) der das Glaubensvermächtnis des Todgeweihten schriftlich festhalten will, wobei der Film den Evangelisten und Autor der Apostelgeschichte Lukas mit dem Arzt Lukas, der ein Reisegefährte des Apostels war, gleichsetzt.
Die erzählerischen Beschränkungen mögen dem knappen Budget geschuldet sein, das einen aufwändigen Reisefilm nicht zuließ. Doch so bedauerlich es ist, dass Paulus’ eigentliches Wirken dadurch unterbelichtet bleibt, so förderlich erweist sich diese Knappheit, wo es um die Darstellung der Christenverfolgung geht. Der auf Malta gedrehte Film verzichtet auf jede Form von Monumentalität; reißerische Massenszenen im Circus Maximus bleiben ausgespart. Stattdessen entwirft Hyatt fast kammerspielhaft die Situation einer Gemeinde in beständiger Angst, die angesichts der drohenden Vernichtung entscheiden muss, ob und wie sie ihren Glauben weiter leben soll: Rom den Rücken kehren und anderswo Unterschlupf suchen? Ausharren, um den Armen der Stadt weiter beizustehen – und dadurch zu riskieren, als Zeuge für einen Gott zu sterben, der all das Leiden seiner Gläubigen zulässt? Oder vielleicht sogar Gleiches mit Gleichem vergelten und einen bewaffneten Widerstand gegen Nero und seinen Machtapparat anzetteln, die auch vielen nicht-christlichen Römern ein Dorn im Auge sind?
Hyatt entfaltet das zunehmend verzweifeltere Ringen um den richtigen Weg in einer Lage, in der alle Wege ins Verderben zu führen scheinen, in einer Reihe eindringlicher Dialogszenen – zwischen Paulus und Lukas, zwischen Lukas und den Leitern der römischen Gemeinde, dem Ehepaar Priscilla und Aquila, sowie zwischen Paulus, Lukas und ihrem Antagonisten, einem römischen Gefängnisvorsteher, der merklich an die Pilatus-Figur angelehnt ist. Dabei kristallisiert sich schließlich ein Plädoyer für jene Haltung heraus, die in der bekanntesten Stelle aus Paulus’ erstem Brief an die Korinther beschworen wird: ein Hohelied auf die Liebe als größte christliche Tugend, die das Böse nicht nachträgt, die alles erträgt, alles hofft und allem standhält.
Allerdings scheint der Film entweder der Überzeugungskraft dieser Botschaft oder der Fähigkeit der Darsteller, sie in dieser dialoglastigen Weise zu vermitteln, nicht ganz zu trauen. Die melodramatischen Episoden und Inszenierungsstrategien, mit denen Hyatt der Handlung emotionale Wucht verpassen will, schießen immer wieder übers Ziel hinaus und tragen eher zur Banalisierung als zur Verstärkung bei. Das fängt bei der aufdringlichen Lichtsetzung an, die sozusagen mit der Schaufel den Schein des Heiligen und Vergeistigten auf die Figuren wirft (am peinlichsten in einer Rückblende, die Saulus/Paulus Bekehrungserlebnis visualisieren soll), und endet nicht bei einer rührselig-konfusen Wunderheilungsgeschichte, bei der der Arzt Lukas die kranke Tochter des Gefängnisaufsehers heilt. In Zeiten des Superhelden-Kinos und autokratischer Machtmenschen Paulus als Helden zu präsentieren, der sich der eigenen Ohnmacht nicht schämt und die auch für gläubige Christen unbequeme Forderung der Gewaltlosigkeit und Feindesliebe hochhält, ist sicher ein lobenswerter erzählerischer Ansatz; der Hang zur Verkitschung und Verklärung will dazu aber nicht recht passen.
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